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03. Dezember – Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung

Dieses Jahr richtet die UN ihr Augenmerk unter anderem auf Projekte und Angebote, die den gesellschaftlichen Wandel zu mehr Inklusion voranbringen. Anlass für uns, unsere Kollegin Tanja Schröttinger vom Standort Landshut zu bitten, uns aus ihrer Arbeit als Schulbegleiterin für Kinder mit Behinderung zu berichten.

Zwei Löwenzähne wachsen aus einer Spalte im Betonboden

Tanja Schröttinger ist seit September 2021 als pädagogische Fachkraft Schulbegleitung in der gfi. Seit diesem Schuljahr begleitet sie einen Schüler in einem Sonderpädagogischen Förderzentrum (SFZ)

Was gefällt Ihnen an Ihrer Tätigkeit als Schulbegleitung?

Ich habe schon immer gerne mit Kindern gearbeitet. Als Schulbegleiterin kann mich auf ein einzelnes Kind voll und ganz konzentrieren. Es ist eine wertschätzende und emotionale Arbeit, die ein gegenseiteiges Vertrauen erfordert und mich sehr erfüllt Es freut mich, wenn ich sehe, dass meine Unterstützung gewinnbringend für das Schulbegleitungskind ist. Die Kinder geben so viel zurück.

Welche Rückmeldungen erhalten Sie von dem begleiteten Kind?

Vielleicht werden die Rückmeldungen nicht immer von dem begleiteten Kind verbalisiert. Aber die Rückmeldungen sind zu spüren und wahrzunehmen.

Das sind zum einen die Beziehung und das Vertrauen, die sich zwischen uns aufgebaut haben. Zum anderen signalisiert ihm meine Anwesenheit die notwendige Sicherheit. Er ist nicht verloren ist, weil er Halt von mir bekommt. Ich stabilisiere ihn und helfe ihm, selbst Sachen umzusetzen.

Ein gut gelauntes Kind nach der Schule, welches positive Eindrücke sammeln konnte, ist für mich eine positive Rückmeldung.  

 

Wenn Sie sich etwas für das begleitete Kind wünschen könnten – was wäre das?

Für den Schüler, den ich begleite, wünsche ich mir, dass er mehr Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein entwickeln kann und dass er mehr Anerkennung in der Klasse auch bei Gleichaltrigen erfahren kann. Ich wünsche mir, dass es den Lehrkräften und mir gelingt, ihm einen Rahmen zu geben, in dem er selbstständig werden kann. Unser gemeinsames Ziel ist es, dass er den Schulalltag auch ohne mich bewältigen kann.

Allgemein wünsche ich mir mehr Akzeptanz in unserer Gesellschaft. Mehr Zugehörigkeit, mehr Selbstbestimmtheit – nicht integrieren, sondern inkludieren. Jedes Kind soll so sein dürfen, wie es ist, mit seinen Ecken und Kanten.

Dazu gehört auch, dass alle Schularten in der Gesellschaft als gleichwertig anerkannt werden. Ich treffe manchmal Eltern, bei denen ich das Gefühl habe, dass sie sich schämen, weil ihr Kind auf die Förderschule geht. Dies soll und darf nicht sein!

 

Gab es eine besondere Begebenheit mit einem Kind mit Behinderung oder dessen Eltern, die Sie besonders zum Nachdenken gebracht hat?

Ja, gibt es. Diese war jedoch in meinem privaten Umfeld.

Meine Tochter wurde getauft, in unserer Gemeinde finden immer mehrere Taufen hintereinander bzw. zeitgleich statt. Es war ein weiteres Ehepaar zur Taufe angemeldet, welches ihr Kind auch taufen lassen wollten. Dieses Kind hatte eine Beeinträchtigung. Das Ehepaar fragte uns, ob es für uns ein Problem sei, wenn ihr beeinträchtigtes Kind zeitgleich mit unserem „gesunden“ Kind getauft wird.

Da bekomme ich noch immer Gänsehaut. Hierzu sollte keine einzige Frage notwendig sein…, weil es normal ist!

 

Was kann die Schulbegleitung leisten – und wo sind ihre Grenzen?

Ich kann Hilfe zur Selbsthilfe leisten, ich kann vermitteln, ich kann eingreifen, ich baue auf, ich versuche alles, dem Kind zu helfen.  

Inklusion ist nichts, was man alleine schaffen kann. Denn Inklusion bedeutet, dass sich die Gruppe für alle Teilnehmenden öffnet. Daher komme ich als Schulbegleiterin dann an meine Grenzen, wenn nicht alle Beteiligten, das bedeutet Eltern, Kind, Schule, Schulbegleitung, unter Umständen auch Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS) oder andere Stellen dieselben Ziele verfolgen. Es ist manchmal schwierig, wenn unterschiedliche Erwartungen und Bedürfnisse sich entgegenzustehen scheinen. Aber wenn alle einander zuzuhören und zusammenzuarbeiten, lassen sich für das Kind oft gute Lösungen finden. 

Unser Ziel ist es, dazu beizutragen, die beste Schulform für das Kind zu finden. Ob die Inklusion dann an einer Regelschule oder einem SFZ stattfindet, hängt von den Bedürfnissen des Kindes und den für diese notwendigen Rahmenbedingungen ab.

 

Wie kommen die Kinder an eine passende Schulbegleitung?

Nach der Bewilligung durch einen Leistungsträger kommt es darauf an, die zum Kind passende Person zu finden. Das ist der Job unserer Koordinatorin. Ihre Aufgabe ist es, das Kind und die mögliche Begleitung richtig einzuschätzen und diese dann zusammenzubringen. Man muss das Kind gut kennenlernen. Denn die Chemie - die Wellenlänge muss einfach passen.

 

Mehr zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung auf:

www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/301408/internationaler-tag-der-menschen-mit-behinderung/

und auf der Webseite der UN  https://www.un.org/en/observances/day-of-persons-with-disabilities