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Fachtagung zu aktuellen Drogentrends

Badesalze, Düngerpillen, Kräutermischungen. Der Laie denkt bei diesen Begriffen nicht unbedingt an gefährliche Drogen, die obendrein über das Internet kinderleicht bestellbar sind.

Vortrag Fachtagung Drogen

Praktiker der Jugendhilfe haben mit einem neuen Konsumverhalten ihrer Schützlinge zu tun und müssen die Ansätze ihrer Präventionsarbeit überdenken. Zu dieser Erkenntnis kamen die rund 90 Teilnehmer am Ende des Fachtages zum Thema „Aktuelle Drogentrends und ihre Herausforderungen für die Arbeit mit Jugendlichen“. 

Bereits zum fünften Mal veranstaltete die gfi in Westmittelfranken zusammen mit dem Präventionswegweiser e.V. in Pappenheim einen Fachtag für Fachkräfte der Jugendarbeit in der Region. Beleuchtet wurde das Thema aus verschiedenen Sichtweisen und in intensiven Diskussionen. In den Eingangsreferaten ging es insbesondere um Fakten und Informationen zu aktuellen Drogentrends bei Jugendlichen. In Diskussionsrunden und Workshops setzten sich die Teilnehmer anschließend mit der Erarbeitung von Präventionsmaßnahmen auseinander.

„In Bayern hat sich die Zahl der Drogentoten in den vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt“, berichtete Dieter Mayer von der Polizeiinspektion Treuchtlingen. 312 Menschen starben im Jahr 2016 an Heroin, Kokain, Crack und anderen Drogen. Dabei gingen 98 Todesfälle auf sogenannte „Legal Highs“ zurück, also auf neue psychoaktive Substanzen, die vor allem bei Kids und Jugendlichen auf dem Vormarsch sind. „Legal Highs“ suggerieren im Wortbild, dass sie angeblich legal hergestellt, erworben und konsumiert werden dürfen. Dem Bundeskriminalamt sind allein aus dem Jahr 2015 mehrere hundert Sachverhalte bekannt, bei denen es im Zusammenhang mit dem Konsum von Legal-High-Produkten oder anderen „canabinoiden Mitteln“ zu teilweise schweren, mitunter lebensgefährlichen Intoxikationen kam. Die meist jugendlichen Konsumenten mussten mit Kreislaufversagen, Ohnmacht, Psychosen, Wahnvorstellungen bis hin zum Ausfall vitaler Funktionen medizinisch oder notfallmedizinisch behandelt werden. „Diese neuen synthetischen Stoffe sind mit verantwortlich dafür, dass der Drogenkonsum auch bei uns im Landkreis angestiegen ist“, führte Dieter Mayer weiter aus. Das größte Problem dabei sei nicht zuletzt der unproblematische Zugang zu den bunten Tütchen, die unter so harmlos klingenden Namen wie Kräutermischung, Badesalz, Dünger oder Räuchermischung daherkommen. Man kann sie heutzutage im Internet fast so leicht wie ein Buch kaufen. Die Mischungen, die cannabisähnliche Wirkungen zeigen, ließen sich problemlos in mittlerweile hunderten von Internetshops bestellen, Tendenz steigend. Der Horror aus der Tüte muss also nicht mehr in dunklen Straßenecken erworben werden, sondern kommt ganz einfach mit dem Postboten ins Haus - und nicht selten bis ins Kinderzimmer. Seit November 2016 gibt es zwar ein neues Gesetz, das auch den Umgang mit den neuen psychoaktiven Stoffen verbietet, doch nicht selten reichen Veränderungen in den Stoffgruppen, um die Strafbewehrung auszuhebeln. Allein 2015 wurden mehr als 560 neue synthetische Mischungen festgestellt. Zudem kann es bei der polizeilichen Aufarbeitung zwölf Monate dauern, bis die labortechnischen Prüfungen zu strafrechtlichen Erkenntnissen führen.

Die Fachreferenten der Tagung wiesen unisono auf die teils verheerenden Nebenwirkungen der neuen synthetischen Substanzen hin. Anders als bei klassischen Drogen wie Cannabis, Crystal Meth und Co. seien bei den neuen Mischungen außerdem Langzeiterfahrungen noch unbekannt. „Auch Legal Highs können extrem hohe und insbesondere unberechenbare Wirkungen und Wirkstärken haben“, so Professor Norbert Wodarz von der Uni Regensburg in seinem Referat über die höchst unterschiedlichen Mischungen und Substanzen. „Der Konsum kann zu schweren lebensgefährlichen, bizarren Psychosen, Vergiftungen und Wahnvorstellungen führen.“ Deshalb neigen vor allem weniger drogenerfahrene Konsumenten zu den neuen verführerischen Kräutermischungen, während echte Junkies eher beim klassischen Joint blieben. Weniger drogenerfahrene Kosumenten heißt laut Professor Wodarz häufig: Jugendliche Probierer, neugierige Gelegenheitskonsumenten, die sich von den vergleichsweise günstigen Spice-Tüten leicht verführen lassen und über das Internet schnellen Zugang haben. Und gerade diese Jugendlichen gilt es zu schützen.

Wie sich die aktuellen Entwicklungen auf die Arbeit mit Jugendlichen auswirken war schließlich das Hauptthema des Nachmittags. Dabei drehte sich die Diskussion unter dem Titel "Was tun wenn's brennt?"  beispielsweise um Handlungsmöglichkeiten im akuten Fall, die von Benjamin Löhner (mudra Drogenhilfe, Nürnberg) vermittelt wurden. In insgesamt fünf Workshops konnten die Praktiker aus der Jugendarbeit ihre Erfahrung austauschen und neue Strategien entwickeln.

Unterlagen aus Vorträgen und Workshops findet man unter: www.praeweg.de